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Windkraft im Saale-Orla-Kreis - Ein Interview mit Landrat Christian Herrgott

Die Energiewende im Allgemeinen und die Windenergie im Speziellen sind Themen, die nicht nur im Saale-Orla-Kreis oftmals sehr leidenschaftlich diskutiert werden. Insbesondere dann, wenn an bestimmten Orten neue Windenergieanlagen durch das Landratsamt als sogenannte „gebundene Entscheidung“ genehmigt werden müssen, schlagen mitunter die Emotionen hoch. Es gibt jedoch klare gesetzliche Vorgaben, über die sich das Landratsamt als Genehmigungsbehörde nicht hinwegsetzen kann.


Gebundene Entscheidung heißt in dem Zusammenhang: Die Verwaltung muss bei einem Antrag zur Errichtung einer Windkraftanlage in einem Vorranggebiet, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, die im Gesetz vorgesehene Rechtsfolge herbeiführen – also die Genehmigung erteilen. 
Im Folgenden gibt Landrat Christian Herrgott einen Überblick über die wichtigsten Aspekte zum Thema Windkraft im Saale-Orla-Kreis und erklärt die Möglichkeiten, um einen weiteren Ausbau zu verhindern.


Wo können im Saale-Orla-Kreis Windräder errichtet werden?
Das Errichten und Betreiben von neuen Windenergieanlagen ist im Saale-Orla-Kreis derzeit ausschließlich in einem der ausgewiesenen Windvorranggebiete möglich. Geregelt ist das im Sachlichen Teilplan Windenergie der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen aus dem Jahr 2020.
 

Wo befinden sich die Windvorranggebiete im Saale-Orla-Kreis?
Im Saale-Orla-Kreis gibt es aktuell sechs Windvorranggebiete: W24 Schmieritz (zwischen Schmieritz und Linda), W26 Löhma (zwischen Löhma und Lössau), W28 Tanna/Unterkoskau (östlich von Unterkoskau), W29 Hirschberg (zwischen Gefell, Blintendorf und Ullersreuth), W30 Gefell/Gebersreuth (östlich von Gebersreuth), W39 Tanna/Schilbach (zwischen Schilbach und Raila). Zudem tangiert mit W14 Gütterlitz ein weiteres Vorranggebiet den Saale-Orla-Kreis östlich von Triptis. Gemeinsam umfassen diese Windvorranggebiete rund 0,4 Prozent der Fläche des Landkreises.


Warum versuchen Windkraftfirmen, sich auch Grundstücke außerhalb der Vorranggebiete für den Betrieb von Windrädern zu sichern?
Dem Landratsamt Saale-Orla-Kreis sind Berichte bekannt, dass Vertreter von Windkraftfirmen auch Grundstücksbesitzer außerhalb der Windvorranggebiete ansprechen, um Flächen für den künftigen Betrieb von Windrädern zu sichern – beispielsweise im Bereich bei Gräfenwarth.


Nach aktuellem Stand dürfen dort aber gar keine Windräder entstehen. Die Windkraftfirmen treten hier als Spekulanten auf und sichern sich – in der Regel über Pachtverträge – Grundstücke für den Fall, dass der Sachliche Teilplan Windenergie Ostthüringen aufgehoben wird oder die jeweiligen Flächen Bestandteile von zukünftigen Windvorranggebieten werden sollten.


Warum wird der Sachliche Teilplan Windenergie Ostthüringen aktuell überarbeitet?
Ende 2021 erklärte das Verwaltungsgericht Gera den Teilplan Windenergie für unwirksam, da nach Ansicht des Gerichts zu wenige Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen wurden. Derzeit ist die Unwirksamkeit noch nicht rechtskräftig – das Bundesverwaltungsgericht kann das Verfahren aber jederzeit abschließen. 
Zugleich räumte das Gericht der Regionalen Planungsgemeinschaft die Möglichkeit ein, den Teilplan Windenergie zu überarbeiten, um ihn wirksam zu machen. Das muss bis spätestens 2027 erfolgt sein. Es gibt also ein Bundesgesetz, das uns dazu verpflichtet, bis 2027 höhere Ausbauziele festzulegen und nur deshalb debattieren wir darüber.


Was passiert, wenn der Teilplan Windenergie nicht fortgeschrieben wird?
Sollten sich die Vertreter der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen nicht auf eine Fortschreibung des Planes einigen, wird der Sachliche Teilplan Windenergie aufgehoben. Es würde also keine festgeschriebenen Windvorranggebiete mehr geben. Das bedeutet aber nicht, dass dann keine neuen Windräder gebaut werden könnten, sondern vielmehr das Gegenteil!


Mit einem Teilplan können Windenergieanlagen ausschließlich in Vorranggebieten – also einem deutlich eingegrenzten Gebiet – errichtet werden. Ohne diesen Teilplan wäre es nahezu überall im privilegierten Außenbereich möglich, Windkraftanlagen zu bauen. Die einzigen Einschränkungen wären dann ein Mindestabstand zur Wohnbebauung von 600 Metern bzw. der doppelten Anlagenhöhe sowie die Beachtung der zehn Kilometer-Schutzzone rund um die Erdbebenstation Moxa, die Denkmalstandorte Bergkirche Schleiz, Schloss Burgk und Burg Ranis sowie Trinkwasserschutzzonen und Flora-Fauna-Habitat-Gebiete. 


Anstatt einer Bündelung der Windenergieanlagen an einigen wenigen Orten, wäre ohne einen Teilplan Windenergie ein „Wildwuchs“ von Windkraftanlagen quer über den gesamten Landkreis zu befürchten. Durch die sehr geringen Abstandsvorgaben kämen dann nicht nur 1,4 Prozent der Fläche, sondern 6 bis 8 Prozent – eventuell sogar 10 Prozent der Landkreisfläche für neue Anlagen in Betracht. 


Der Teilplan Windenergie muss also fortgeschrieben werden, um den Bau neuer Windkraftanlagen an den Orten, wo sie aus rechtlichen Gründen nicht abgelehnt werden können, so weit wie möglich zu begrenzen. 


Dieser erste Entwurf ist kein endgültiger Beschluss, sondern es ist eine für jedermann offene Diskussions- und Beteiligungsgrundlage, die zum einen verhindert, dass außerhalb der im bereits gültigen Plan ausgewiesenen Vorranggebiete Windkraftanlagen gebaut werden können. In den neuen Plangebieten kann aber auch erst nach Abschluss der Beteiligung gebaut werden. Der anderslautende MDR-Bericht wurde inzwischen korrigiert. 


Zum anderen haben wir mit diesem Schritt Zeit gewonnen. Zeit, die wir dafür nutzen werden, gegen das Flächenziel, das aus Sicht des Landkreises keinen Sinn macht, sondern für ein Leistungsziel und für erneuerbare Energien insgesamt einzutreten. Darüber hinaus besteht natürlich die große Hoffnung, dass sich in dieser zusätzlich gewonnenen Zeit die Gesetzeslage auf Bundesebene ändert. Die Thüringer Landesregierung wird dazu im Bundesrat eine eigene Initiative einbringen. Als Landkreis unterstützen wir das voll und ganz. 


Wie ist der Stand der Überarbeitung des Sachlichen Teilplanes Windenergie in anderen Regionen Thüringers?
In Thüringen gibt es insgesamt vier regionale Planungsgemeinschaften, die sich aus den beteiligten Kommunen zusammensetzen und jeweils einen Teilplan Windenergie erstellen. Durch die Vorgaben des Bundesgesetzes haben alle vier Planungsgemeinschaften den Planungsprozess nun aufgenommen bzw. schon abgeschlossen. Ebenso wie in Ostthüringen wurde in Nordthüringen- sowie in Mittelthüringen der neue Teilplan Windenergie bereits beschlossen. Dieser Beschluss wurde in Nordthüringen einstimmig gefasst und in Ostthüringen mit nur zwei Gegenstimmen. 


Die Planungsgemeinschaft Südwestthüringen hat jüngst mit der Überarbeitung ihres Teilplans begonnen, um die verfügbaren Flächen zu begrenzen und Wildwuchs von Windkraftanlagen zu verhindern. In Ostthüringen liegt das vom Thüringer Landesentwicklungsprogramm festgesetzte Flächenziel mit 1,7 Prozent im Vergleich zu den anderen drei Thüringer Planungsgemeinschaften am niedrigsten.


Für welche Standorte wurden neue Windräder genehmigt?
Bereits genehmigt, aber noch nicht gebaut sind Windenergieanlagen in zwei Gegenden des Saale-Orla-Kreises: Im Bereich Schmieritz (Gemarkungen Schmiertz, Weltwitz, Moderwitz und Linda) mussten im Dezember 2023 zwei Anlagen sowie im September 2024 acht weitere Anlagen genehmigt werden. In der Gemarkung Unterkoskau mussten im November 2023 zwei Anlagen sowie im April 2024 eine weitere Anlagen genehmigt werden.


Die Genehmigungsbescheide wurden im Amtsblatt des Saale-Orla-Kreises abgedruckt und sind auch auf der Webseite www.saale-orla-kreis.de einsehbar.


Warum kann das Landratsamt die Errichtung der Windräder nicht ablehnen?
Grundlage für die Genehmigung von Windenergieanlagen ist das Bundes-Immissionsschutzgesetz, also ein Gesetz auf Bundesebene. Als Untere Immissionsschutzbehörde muss sich das Landratsamt an die geltende Rechtslage in Deutschland halten und kann diese nicht mit eigenen Regelungen durch den Landkreis aufheben oder umgehen.


Wenn ein Antrag alle gesetzlich geforderten Bedingungen vom Mindestabstand zu Wohngebieten über das nötige Windpotenzial bis hin zu Ausgleichsmaßnahmen erfüllt, muss er genehmigt werden.

 

Wie kann die Errichtung weiterer Windenergieanlagen verhindert werden?
Wenn die Antragssteller alle gesetzlich geforderten Bedingungen erfüllen, muss das Landratsamt den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen genehmigen. Windkraftfirmen können aber keine Windräder errichten, wenn ihnen hierfür nicht die nötigen Grundstücke zu Verfügung stehen. Den wirksamsten Hebel zur Verhinderung weiterer Anlagen haben also die Grundstückseigentümer, indem sie ihre Grundstücke nicht zur Verfügung stellen.

 

Außerdem sind alle Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, sich beim Beteiligungsprozess, der durch den Entwurf zum Teilplan Windenergie nun begonnen wird, mit einzubringen. Bringen Sie gute und juristisch verwertbare bzw. belastbare Argumente vor, weshalb in bestimmten Bereichen keine Windkraftanlagen vorgesehen werden können. 


Auch ich persönlich würde selbstverständlich lieber weniger Windkraftanlagen in unserem Landkreis sehen. Wenn es darum geht, Windkraft zu verhindern und zu begrenzen, herrscht in ganz Ostthüringen bei den Landräten eine ziemlich einheitliche Sicht. 


Als Landräte sind wir der Meinung, dass unsere Landkreise bereits jetzt einen großen Beitrag in Bezug auf erneuerbare Energien leisten. Neben der schon bestehenden Windkraft müssen hierbei auch die Themen Wasserkraft, Photovoltaik und Biogas mit beachtet werden. Und so lang die entsprechenden physikalischen Voraussetzung und Speichermedien nicht gegeben sind, ergibt ein weiterer Ausbau des Windkraftsektors wenig Sinn. 


Text: Pressestelle Landratsamt
 

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Veröffentlichung

Mo, 23. Juni 2025

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